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Dertusanum / Tortosa

 

Nationalkonzil; 1429 (19. September – 5. November)

 

Das Konzil wurde von Kardinallegat Pierre de Foix OFM für die Diözesen der Krone Aragon einberufen. Dazu waren über die beiden Kirchenprovinzen Tarragona und Zaragoza hinaus auch Prälaten aus Elne und Mallorca eingeladen. Über die Ereignisse informieren ausführlich die von einem Familiaren des Legaten, Bernard de Rouserge, verfassten Legationsakten. Persönlich anwesend waren auf der Synode die Bischöfe Domènec Ram i Lanaja (Lérida), Ot de Montcada (Tortosa) und Alfonso de Borja (Valencia), Juan de Valtierra (Tarazona), Andrés Bertrán (Gerona), Hugo de Urriés (Huesca), Jordi d’Ornos (Vich) und Joan de Casanova OP (Elne). Dem sind noch Bischöfe aus der Begleitung des Legaten hinzuzufügen: sein Neffe Roger de Grailly de Foix, Bischof von Aire und Jean de la Roche, Titularbischof von Bethlehem. Die Oberhirten von Barcelona, Urgel, Segorbe-Albaracín und Mallorca (sede vacante) waren durch Vikare, alle Kathedralkapitel durch Prokuratoren vertreten. Überraschend groß ist die Zahl der auf dem Konzil anwesenden Äbte: 14 Benediktiner- und 10 Zisterzienseräbte, sowie die Vorsteher von 5 Augustiner- und Prämonstratenserstiften. Weiter nennen die Legationsakten die Anwesenheit des Magister Montesiae und des Generalmagisters der Merzedarier und schließlich noch eine große Zahl von Prioren von Konventen der Mendikantenorden, Dekane verschiedener Stiftskapitel, Archidiakone sowie weitere Prokuratoren von Säkular- und Regularkapiteln, womit die Assistenz während des Konzils insgesamt über 200 Personen ausmachte.

     Die Verhandlungsgegenstände waren: 1. Beendigung des Schismas, 2. Versöhnung zwischen Papst und König, 3. Libertas ecclesiae und 4. Kirchenreform. Die beiden ersten Punkte waren keine wirklichen Verhandlungsgegenstände, sondern man konnte auf dem Konzil den mit dem Ver­trag von Valencia im Juni 1429 beigelegten Streit zwischen Papst König Alfons V. und Martin V. gebührend feiern und am 21. September die Rücknahme der Sentenzen des Papstes gegen den König publizieren. Im Gefolge des Vertrags von Valencia hatte auch Gegenpapst Clemens VIII. in Peñíscola seinen Anspruch aufgegeben und war zurückgetreten. Der König war auf dem Konzil persönlich anwesend und leistete durch auf dem Konzil veröffentlichte litterae patentes, die sich überwiegend mit Fragen der kirchlichen Jurisdiktion und deren Respektierung seitens der weltlichen Gerichtsbarkeit befassen, seinen Beitrag zur Befriedung des Verhältnisses zur Kirche im Bereich der Herrschaft der Krone Aragon. Nun waren die Prälaten auch breit, dem König ein Subsidium in Höhe von 60.000 fl. zu bewilligen.

     Das Konzil verabschiedete noch 20 Reformkonstitutionen: 1. Über standesgemäße klerikale Kleidung; 2. und 3. Maßnahmen gegen das Konkubinat der Kleriker und Ordensritter; 4. Pflicht zum Breviergebet der Kleriker ab dem Diakonat; 5. Pflicht der Ordinarien, auf eine strenge Auswahl unter den Kandidaten für die heiligen Weihen zu achten und zusammen mit dem Kapitel für deren gediegene Ausbildung zu sorgen; 6. Die Konstitution über die Unterweisung des Volkes über die notwendigen Glaubensartikel kann insofern eine gewisse Originalität für sich in Anspruch nehmen, als das Dertusanum das erste Provinzialkonzil ist, das einen Katechismus anregte, der für die Pfarrer geschrieben, diesen einen Leitfaden für die systematische Unterweisung ihrer Gläubigen an die Hand gibt; 7. Sakramente müssen in der Kirche oder einem sonstigen für den Kult bestimmten Ort gespendet werden, nicht aber in Privathäusern, wozu das Konzil konkrete Anweisungen insbesondere für die Taufe und die Feier der Heiligen Messe gibt; 8. Die Anzahl der Benefizien ist zu begrenzen; den Ordinarien obliegt die Plicht, vor der Errichtung eines neuen Benefiziums zu prüfen, ob das zugrunde liegende Vermögen zum standesgemäßen Unterhalt des Inhabers ausreicht; 9. Einschärfung der zeitigen Kindertaufe mit Blick vor allem auf die conversos aus dem Judentum, die mitunter die Taufe der Kinder aufschoben; 10. Generalvikare und Offiziale der Kurie müssen die heiligen Weihen empfangen haben, da andernfalls ihre Rechtsakte künftig ungültig sind; 11.-13. Normen, die das Gegenstück zu den litterae patentes des Königs bilden und die Respektierung der weltlichen Gerichtsbarkeit seitens der Kleriker einschärfen; 14. Eine allgemeine Aufforderung an die Ordensoberen, auf den sittlichen Lebenswandel ihrer Untergebenen zu achten; 15.-16. Diese Konstitutionen greifen wieder Materie der litterae patentes auf (Grenzen des forum ecclesiasticum und Kontrolle der Ablassprediger); 17. Die Beichtlizenzen für die Ordenspriester werden detailliert geregelt; 18. Die Regularkleriker, deren Statuten oder Gewohnheiten es erlauben, über ihren Nachlass zu verfügen, werden den Säkularklerikern gleichgestellt; 19. Um sicherzustellen, dass die Gläubigen am Lebensende auch die Sterbesakramente empfangen, wird den christlichen Ärzten eingeschärft, die Kranken in diesem Sinne zu ermahnen und ggf. weitere Krankenbesuche bei Nichtbefolgen auszusetzen; 20. Die letzte Konstitution wendet sich dem Problem des Zusammenlebens von Juden, Christen und Muslimen zu. Mit Blick auf die Judenverfolgungen der Jahrzehnte zuvor sind die Bestimmungen recht moderat. Es erneuert lediglich eine Ermahnung des Konzils von Vienne an die christlichen Herrscher, in ihren Territorien keinen öffentlichen Kult des Islam zu dulden und wendet es nun gleichermaßen auf Judaei und Saraceni an.

 

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QQ: ASV A.A. Arm. I-XVIII 6459: Liber legationis Cardinalis de Fuxo; Teilabdruck in A. Bzovius, Annalium ecclesiasticorum post Baronium, t. XV, Coloniae 1622, 658-739; Ehrle, Cardinal Peter de Foix; Archivo de la Catedral de Barcelona, Cod. 26 (“Libro de la Cadena”), fol. 60r-63v: Constituciones reverendissimi domini cardinalis de Fuxo sedis apostolicae legati factae in civitate Dartusae … Provisiones regie favorabiles super libertate ecclesie concesse; spätere Drucke der Litterae patentes und Konstitutionen: CMCOH III, 648-670; Tejada y Ramiro, III, 736-757.

Lit.: Hefele - Leclerq, VII/1, 656; O’Callaghan, Terminación del Cisma de Occidente; Tortosa, Concilio di (1429), in: DizCon 5 (1966) 351-353 [A. Simonini]; Palenzuela, Extinción del Cisma del Occidente; Grohe, Synoden der Krone Aragón, 206-222.

 

Grohe, Johannes

April 2020

 

Empfohlene Zitierweise:

Grohe, Johannes, “Dertusanum / Tortosa: Nationalkonzil; 1429 (19. September – 5. November)" in: Lexikon der Konzilien [Online-Version], April 2020; URL: http://www.konziliengeschichte.org/site/de/publikationen/lexikon/database/3956.html